Verbände werden auch nach der Pandemie weiterhin auf digitale Events setzen. Präsenzveranstaltungen bleiben trotzdem unverzichtbar.

Ein Gastbeitrag von Stefan Kirchner

Lockdowns, Masken, Abstände, Hygienevorschriften: In den letzten zwei Jahren hat sich vieles verändert. Vor allem bei Präsenzveranstaltungen spüren wir die COVID-bedingten Einschränkungen. Während der Pandemie gab es deutlich weniger Events und die Anzahl der Teilnehmer ist stark gesunken.

Der Kapazitätsverlust in Tagungsstätten betrug 2020 -73,1%

Gleichzeitig ist durch die Pandemie auch ein neuer Markt entstanden: Präsenzveranstaltungen wurden durch digitale Events ersetzt oder ergänzt.

Der Trend zum Digitalen betrifft insbesondere auch Verbände, denn sie sind einer der größten Veranstalter von Kongressen, Messen, Seminaren, Weiterbildungs- und Netzwerkveranstaltungen. Im Jahr 2018, vor der Pandemie, wurden 33 Prozent aller Veranstaltungen in Deutschland von Verbänden durchgeführt. Außerdem sind Verbände auch Teilnehmer an Veranstaltungen.

Die Pandemie stellt nun die Frage in den Raum, wie (und wo) wir uns in Zukunft begegnen. Eine abschließende Antwort darauf habe nicht, ich biete jedoch zwei Thesen: Erstens, Präsenzveranstaltung werden auch in Zukunft ein elementarer Bestandteil des Verbandsmodells sein. Zweitens, digitale Events sind gekommen, um zu bleiben.

Zweigleisig fahren
Präsenzveranstaltungen dienen im Verbandswesen vor allem der Mitgliedergewinnung und -bindung. Man trifft sich persönlich, lernt sich kennen und tauscht sich aus. Auch mit modernen digitalen Tools lässt sich diese persönliche Erfahrung nicht ersetzen. Schon allein aus diesem Grund sind Präsenzveranstaltungen aus dem Verbandswesen nicht wegzudenken. Sie werden jedoch zunehmend durch digitale Events ergänzt werden.

Verbände haben während der Pandemie gelernt, zweigleisig zu fahren: Im Jahr 2021 waren 80 Prozent aller Verbandsveranstaltungen rein digitale Formate. Zum einen waren Veranstalter nicht bereit, Präsenzveranstaltungen durchzuführen. Zum anderen wollten auch die Teilnehmer keine Präsenzveranstaltungen besuchen.

Die entscheidende Frage ist, wie sich dieser Markt nach der Pandemie weiterentwickeln wird. Dazu haben wir eine Umfrage unter Entscheidern in 103 Verbänden durchgeführt. Die Antworten waren eindeutig.

Trendumfrage 2021
Unsere Umfrage ergab, dass 90 Prozent der befragten Verbände bereits Erfahrungen mit der Planung hybrider oder digitaler Events gemacht hat. 85 Prozent sagen, dass sie auch über 2021 hinaus ganz sicher oder ziemlich wahrscheinlich weiterhin digitale Formate anbieten werden.

Außerdem sagen 73 Prozent der Befragten, dass sie auch über 2021 hinaus digitale Veranstaltungen ganz sicher besuchen werden.

65 Prozent sagten allerdings auch, dass sie so schnell wie möglich wieder Präsenzveranstaltungen durchführen wollen. 38 Prozent wollen das Präsenzangebot mit hybriden Anteilen ergänzen.

Der O-Ton ist also eindeutig: Verbände können digitalen Veranstaltungen viel Positives abgewinnen. Sie erhöhen die Planungssicherheit, sind nachhaltiger, schneller zu organisieren und führen dazu, dass mehr Mitglieder an den Veranstaltungen teilnehmen.

Herausforderungen
Der Kurs ist klar, aber der Weg wird holprig: Zunächst wird durch digitale Events zumindest kurzfristig nichts „einfacher“ oder „effizienter“ werden. Denn die meisten Verbände haben mit digitalen Events noch wenige Erfahrungen.

In diesem Zusammenhang wird sich das Berufsbild des „Veranstaltungsmanagers“ komplett verändern. Wer früher Räumlichkeiten und Flugtickets buchte, wird sich in Zukunft mit Serverkapazitäten, Licht- und Audiotechnik befassen müssen. Für die meist kleinen Teams der Verbände ist das eine Herausforderung.

Auch bei der Monetarisierung der digitalen Events stehen Fragen in Raum: Manche Verbände sind beispielsweise dazu übergegangen, guten Content kostenlos anzubieten. In wenigen Fällen kann sich das zu Marketingzwecken lohnen, generell sollten Verbände aber nicht den Fehler machen, ihre Expertise ohne Gegenleistung zur Verfügung zu stellen.

Hinsichtlich der Monetarisierung bieten digitale Events allerdings auch enorme Möglichkeiten: Digitale Produkte können komplett neu gedacht werden. Events können häufiger durchgeführt werden, wodurch Sponsoren nicht nur einmal im Jahr sondern in regelmäßigen Abständen aktiviert werden können. Außerdem bieten sie die Möglichkeit, Aufzeichnungen zu vermarkten und Sponsoren und Mitgliedern individualisierte Einzelvorträge anzubieten.

Fazit: Am Ball bleiben
Ich bin fest davon überzeugt, dass digitale Veranstaltungen sich im Verbandswesen etablieren werden. Ebenso bin ich davon überzeugt, dass Präsenzveranstaltungen nach COVID wieder deutlich öfter stattfinden. Die vielen Gespräche, die ich mit Verbandsvertreten führe und unsere Trendstudie bestätigen diesen Eindruck ebenfalls.

In welchem Verhältnis die Formate stehen werden, muss sich erst noch zeigen. Verbände sollten jetzt am Ball bleiben, digitale Kompetenzen aufbauen und flexibel auf die Markttrends reagieren. Denn digitale Veranstaltungen bieten vor allem viele Chancen und die gilt es zu nutzen.